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[dropcap size=small]D[/dropcap]er Name „Hideshi Hino“ dürfte hierzulade nur Kennern ein Begriff sein. Das ist für Freunde gepflegter Horrorunterhaltung allerdings mehr als schade, denn ihnen entgeht einer der talentiertesten und einzigartigsten Horrorautoren unserer Zeit. Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschlossen, über diesen Mann ein Special zusammenzustellen. Erfahrt in diesem Artikel mehr über Hideshi Hino und seine Werke … und taucht mit uns ein in seine bizarre, groteske Gedankenwelt.

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Hino ist primär Mangazeichner, hat aber nebenbei bereits Drehbücher geschrieben und Regie bei drei Filmen geführt. Das wäre an sich nicht sonderlich bemerkenswert, wenn all diese Arbeiten sich nicht durch eine Sache auszeichnen würden: Dem stehts präsenten Extrem. Um Hino`s Arbeiten einem unbedarften Publikum beschreiben zu können, kommt man um Vergleiche mit David Cronenberg und Franz Kafka nicht herum. Von letzterem hat Hino die surreale, oder eher groteske Komponente inne, die mit Außenseiter-Charakteren einher geht: Betroffen sind oft Figuren, die keinem Archetypen bzw. gewohnten Heldencharakter nachempfunden sind. Vielmehr sind dies Charaktere, die aus irgendeinem Grund von ihrem sozialem Umfeld gemieden werden. Die Thematisierung authentischer, alltäglicher Unmenschlichkeiten wie Mobbing, Missbrauch oder Respektlosigkeit führt automatisch zur Selbstreflektion – sowohl beim Leser, als auch beim Autor selbst. Wie auch schon bei Kafka decken Hino`s Geschichten nicht nur die menschlichen Abgründe bei seiner Leserschaft auf, sondern vermutlich auch die, die er beim Dichten in sich selbst gefunden hat. Da die Protagonisten oftmals Kinder oder Jugendliche und die zudem noch die einzigen sympatischen Figuren in der gesamten Geschichte sind, fällt die Identifikation mit den gequälten Seelen leichter als gewohnt.

Der Vergleich mit dem Filmregisseur David Cronenberg kommt aus wesentlich offensichtlicheren, weitaus weniger subtilen Gründen zutage: Hino beschreibt oft die Wandlung eines Menschen in ein Monster. Dabei wird mit unappetitlichen Details nicht gespart, oftmals sogar bis aufs Letzte ausgekostet. Die dabei gezeigten Bilder sind abstoßend, aber strahlen gleichzeitig eine unheimliche Anziehungskraft aus, der vermutlich auch wegen des außergewöhnlichen Zeichenstils unwiderstehlich ist. Auffällig sind in diesem Punkt besonders die großen, mit zum Rand hin vielen Adern geprägten Augen, die im Zusammenspiel mit den kleinen Mündern und versetzten Körperproportionen seltsame Gestalten bilden. Manchmal sehen sie aus wie lebendig gewordene Puppen, manchmal aber durch starke Schwarzweiß-Kontraste auch wie bizarre Linolschnitte, die mit Tupfern, Tintentropfen und Wischern garniert worden sind. Sind besonders die männlichen Figuren von der für Hino typischen Deformierung betroffen, sind betont weibliche Figuren auffallend weich und eher mit realistischen Proportionen gezeichnet. Auch hier wird die Parallele zu Cronenberg deutlich, denn von Frauen ausgehende Sexualität spielt in einigen Szenen durchaus eine Rolle – auch wenn sie hier weitaus weniger plakativ eingesetzt wird, als in den Arbeiten des bekannten Filmregisseurs.
Hideshi Hino`s Mangas sind generell in einer sehr rauhen Umgebung angesiedelt, was sich sicher dadurch begründet, dass er selbst als Kind die Nachkriegszeit Japans erlebte. Geboren in der Mandschurei, die damals zur japanischen Kolonie in China gehörte, kam er bei der Überfahrt von China nach Japan fast ums Leben. Den Entschluss Regisseur zu werden hat Hino als Jugendlicher gefasst, da er zu dieser Zeit fasziniert von der Edo-Zeit war und daher Filme darüber geradezu verschlang. Das machte ihn zwangsläufig zum Fan vom Filmemacher Akira Kurosawa, aber wirklich inspiriert hatte ihn der Film „Seppuku“ von Musaki Kobayashi, der das damalige Publikum vor allem durch eine Szene schockierte, in der ein Mann sich mit einem Bambusschwert selbst verstümmelte. Hino war aber weniger von der schonungslosen Brutalität, sondern eher von der Authentizität des Films fasziniert, die ihn zu weiteren Recherchen über die Edo-Zeit antrieb.
So ist es wenig verwunderlich, dass ihm mit 21 Jahren – also im Jahre 1967 – ausgerechnet mit einer Geschichte über ein Teehaus in der Edo-Zeit die erste Veröffentlichung in einem Manga-Magazin gelang. Auf die „Tsumetai ase“ getaufte Geschichte folgte „Doro Ningyo“, welches sich um Kinder mit Behinderungen drehte, die in einer verseuchten Welt aufwachsen. Diese wurde in dem avandgardistischen Magazin „Garo“ veröffentlicht und erfreute sich so großer Beliebtheit, dass er daraufhin zum dortigen Stammzeichner wurde.

1970 sollte das Jahr sein, in dem er mit „Zoroku no Kibyo“ seine erste Veröffentlichung für die breite Masse in die Welt setzte. Die Geschichte über einen Mann, der nach und nach seinen Körper zerstört, sollte nur der Auftakt für eine ganze Reihe von Veröffentlichungen von Einzelwerken und vor allem Serien für den Mainstream werden, die u.a. in sehr auflagenstarken Manga-Magazinen abgedruckt wurden. Zehn Jahre später verlor das Horror-Genre leider in der kommerziellen Manga-Szene an Gewicht, und so konzentrierte er sich wieder stärker auf Einzelwerke. Mitte der 80er veröffentlichte er einige Manga, die wir euch in einem späteren Abschnitt genauer vorstellen möchten.
Ende der Achtziger arbeitete Hino an den „Guinea Pig“-Filmen, die in Horrorfilmkreisen und bei internationalen Jugendschutzbehörden einen berühmt berüchtigten Ruf haben. Ein Teil der Filmreihe empfindet Snuff-Filme nach, d.h. die Filme sind so inszeniert, dass man in dem Glauben zurückgelassen werden soll, man habe sich gerade eine authentische Filmaufnahme einer Folterung und eines Mordes angesehen. Der zweite Teil der Reihe names „Flowers of Flesh and Blood“ löste sogar einen Skandal aus, als Hollywood-Darsteller Charlie Sheen beim FBI anrief, weil er glaubte, der Film sei echt.
Die anderen Teile, derer es ingesamt sieben gibt, wirken eher wie experimentielle Spielfilme, die mal schwarzhumorig, mal verstörend wirken sollen. Kontrovers diskutiert werden diese Filme auch heute noch, und sie sind bei fanatischen Sammlern ebenso begehrt, wie bei Moralaposteln verhasst.

Die Arbeiten an den Guinea-Pig-Filmen sollten Hinos‘ einzige Ausflüge als Regisseur in die Welt der Filme sein. Ansonsten hat er einige wenige Arbeiten als Drehbuchautor hinter sich, u.a. für den Film „Death Train“ (der auf einem seiner eigenen Mangas basiert).

Hinos Mangas wurden mehrfach auf verschiedenen Festivals nominiert. Sein „Bug Boy“ gewann 2004 sogar den International Horror Guild Award. Seine Mangas wurden sowohl ins Englische, Französische, Deutsche und Spanische übersetzt. Hierzulande werden seine Arbeiten von dem Schreiber & Leser Verlag veröffentlicht und sind somit ohne weiteres über den gut sortierten Buchhandel oder über Internetversandhäuser zu ergattern.

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Dieser Abschnitt stellt euch die bisher im deutschsprachigen Raum verfügbaren Mangas von Hideshi Hino vor. Bitte beachtet, dass der Mann noch wesentlich mehr gezeichnet hat, aber seine Werke bisher hierzulande noch nicht veröffentlicht wurden. In Deutschland bringt der Schreiber & Leser-Verlag die Mangas heraus.

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ISBN: 978-3-937102-67-2 | € 10,00 | broschiert | S/W | 192 Seiten

Ein großes altes Haus, einsam in einem finsteren Wald, bewohnt von einer besonderen Spezies Mensch – einer Großfamilie, bestehend aus unterschiedlichen Generationen.

Das Haus setzt sich aus unzähligen Räumen zusammen, hinter jeder Ecke eine böse Überraschung lauernd. Doch wesentlich gruseliger findet der jüngste Spross seine eigene Familie. Vom sadistischen, hühnerschlachtenden Vater, der würmerliebenden Schwester, die sich für ein eierlegendes Huhn haltende Großmutter, der von Eiterbeulen geplagte Großvater und die Mutter, die ihm die Ekzeme ausdrücken muss.

Die größte Furcht hat der kleine Sohn allerdings vor einem unheimlichen Spiegel im Haus, bei dem vermutet wird, dass dort ein böser Fluch festgehalten wird..

Eines Nachts jedoch wandert der Geistkörper des schlafenden kleinen Jungen durch die Gänge des Hauses und schreitet hinter die Welt des Spiegels. Am nächsten Morgen ist nichts mehr wie zuvor und die darauffolgenden Ereignisse lassen die Verrücktheit der Familie wie etwas Normales erscheinen, welches nicht vergleichbar ist mit dem Alptraum, der der befreite Fluch des Spiegels mit sich bringt.

Eine nicht enden wollende Spirale beginnt und duldet absolut keine Ausnahmen.

Der erste Manga „Red Snake“ aus der Hino Horror Reihe ist ein groteskes Märchen, eine surreale Familiengeschichte über die Angst vor dem Unbekannten, dem Unerwartenden, welches in dem Menschen innewohnt. Besonders die Angst vor der eigenen Familie, die zunehmend durch einen Fluch durchdreht und die schon vorhandenen Merkwürdigkeiten zu grausamen Auswüchsen ausarten lassen, faszinieren den Jungen ebenso, wie sie ihn schockieren. Jeder ist nur noch auf sich selbst bedacht, keiner nimmt mehr Rücksicht auf den anderen.

Der namenlose Sohn ist hierbei der Betrachter der schrecklichen und sich zuspitzenden Ereignisse. Aus seiner Perspektive verfolgt der Leser seinen inneren Monolog, er spürt regelrecht seine Furcht. Man hat ebenfalls den Wunsch, aus dieser Situation zu entfliehen, dem Schauer nicht ins Angesicht blicken zu müssen. Doch die unbändige Furcht, die Urangst des Menschen vor dunklen Wäldern verhindert ein Entkommen aus diesem Schauermärchen. Niemand wird verschont und am Ende trifft es auch die Unschuldigen.

Verstört blickt der Leser aus den Kinderaugen auf die schonungslose Scharade. Abwenden ist nicht möglich, die Schauerbilder scheinen direkt nach dem passiven Betrachter zu greifen.

Einfache, mit starkem schwarz-weiß Kontrast akzentuierte Charaktere, düstere schraffierte Schauplätze und eine große Menge an Blut, Eiter und Gedärmen machen diese Geschichte zu einer nicht einfachen Kost. Anfänglich noch gering, steigt der Ekel bis zum Ende dermaßen an, dass sicher manche Mägen leicht zu rumoren beginnen.

Die Bilder des Manga werden auch nach dem Zuschlagen des Buches weiter in den Gehirnwindungen des perplexen Lesers herumspuken – wie eine Spirale, die einen nicht mehr loslässt.

 

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ISBN: 978-3-937102-68-9 | € 10,00 | broschiert | S/W | 208 Seiten

Sanpei Hinomoto geht noch zur Grundschule, hat aber in seinem jungen Leben schon viel Schlimmes durchmachen müssen. Jeder in seiner Familie setzt große Erwartungen in ihn, schüttelt aber gleichzeitig den Kopf über seine nicht vorhandenen Gaben. Die Schüler in seiner Klasse mobben ihn wegen seiner Andersartigkeit, Lehrer verspüren nur Ekel in seiner Gegenwart.

Daher zieht sich Sanpei jeden Tag auf einen Schrottplatz zurück, wo er mit unterschiedlichen Tieren zusammenlebt. Sie akzeptieren ihn, sind für den Jungen eine richtige Familie. Bis eines Tages Sanpei von einer giftigen Raupe gestochen wird. Von da an ändert sich schlagartig sein Leben, er verwandelt sich selbst in dieses Insekt.

Anfänglich verspürt zwar seine Familie Ekel vor ihrem eigenen Sohn, versuchen aber Sanpeis Veränderung zu akzeptieren. Irgendwann jedoch ist er als Riesenraupe zu auffällig und seine Eltern befürchten, er könnte dem Ansehen der Hinomotos, besonders das des Vaters, schaden. Somit beschließen sie Sanpei zu töten. Der Junge überlebt eine geplante Vergiftung, flieht aber von Zuhause um seine Familie im Glauben seines Todes zu lassen.

Endlich in Freiheit lernt der Junge, dass sein gruseliges Äußeres auch Tieren Angst einjagt. Bis eines Tages ihm verborgene Kräfte bewusst werden und Sanpei anfängt sich bei den Menschen zu rächen.

„Bug Boy“ ist eine moderne Version von „Frankensteins Monster“. Hierbei wird das Monster allerdings nicht durch einen Wissenschaftler erschaffen, sondern durch die Gesellschaft selbst. Der Druck der Eltern, die an Ansehen gewinnen wollen, ein älterer Bruder, der nur an seinen eigenen Erfolg denkt. Klassenkameraden und Lehrer, die die Verschrobenheit Sanpeis nicht anerkennen wollen. Ein gesellschaftliches Leistungssystem, welches keine Ausnahmen duldet. Einzig Sanpeis jüngere Schwester gehört noch zu denjenigen Menschen, die Mitleid empfinden können. Ihr widerstrebt eindeutig der Plan ihrer Familie, ihren Bruder zu beseitigen. Auch wenn er anders aussieht, ist es doch noch immer Sanpei.

In Form einer Raupe lernt der Junge die Welt aus anderen Augen zu sehen. Er ist seinen „Schöpfern“ entflohen und kann endlich sein Leben nach Lust und Laune selbst bestimmen.

Ähnlich wie Frankensteins Monster lebt Sanpei in der Wildnis, versteckt vor den gierigen und gefühlskalten Augen der Menschen. Doch auch dort scheint der innere Frieden nicht von Dauer, einzig ein Leben in der von Menschenhand verseuchten Kanalisation ist ihm bestimmt. Durch einen Unfall stellt Sanpei fest, dass er selbst zu dem giftigen Wurm geworden ist, der ihn einst stach. Ohne Reue mordet er sich durch die Stadt, findet Gefallen an seinen Bluttaten und ist dadurch nicht besser, als die Menschen selbst.

Erst die Erinnerung an seine Familie holt Sanpeis kindliches Gewissen zurück, der sich fortan von der menschlichen Welt völlig zurückzieht.

Diese Geschichte wird ebenfalls aus der Perspektive eines kleinen Jungen geschildert. Der Leser kann sich dem Anblick nicht entziehen, wie Sanpei auf schmerzhafte Weise am eigenen Körper ertragen muss, sich in eine Raupe zu verwandeln. Ein Wesen, wovor viele Menschen Abstoß empfinden. Daher ist es auch wesentlich schmerzhafter zu sehen, wie grausam nahestehende Menschen mit dem Jungen umgehen.

Die Zeichungen sind recht hell gestaltet und entfalten nicht durch blutige Szenen und der Transformation in ein Monster einen Horrorflair, sondern eher durch das subtile Grauen, welches durch dem Nichtverstandenwerden und dem Alleinsein – dem Ausschluss von der eigenen Familie und dem Versagen in der Gesellschaft – das Führen eines Außenseiterslebens, geweckt wird.

Das Charakterdesign von Sanpei findet sich auch sehr stark in der Gestalt der Riesenraupe wieder; der traurige Blick, der verzweifelt sein Schicksal hinnehmen muss.

 

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ISBN: 978-3-937102-74-0 | € 10,00 | broschiert | S/W | 188 Seiten

„Auf meinen Wegen bin ich vielen Geschöpfen begegnet, und ich muss ehrlich bekennen, dass es keine rätselhafteren Wesen gibt als die zweibeinigen Tiere, die sich Menschen nennen.“

Aufgewachsen auf einem Schrottplatz lebt eine schwarze Katze mit ihren drei Geschwistern. Das Leben scheint so angenehm, bis eines Tages Menschen auftauchen und die beschauliche Ruhe zerstören. Sie nehmen die Geschwister der schwarzen Katze mit, fürchten diese aber, weil sie Unglück bringen könnte.

Somit macht sie sich alleine auf den Weg die Menschen zu erforschen und wohlmöglich noch ein warmes Plätzchen zu finden, wo sie etwas zu Essen bekommt.

Zunächst lebt sie bei einem erfolglosen Zirkusclown, der nur noch in seinem Suff leben kann, bis er endlich feststellt, dass er Talent im Bauchreden besitzt. Seine selbstgebastelte Puppe erhält allerdings mehr Aufmerksamkeit als er selbst. Somit scheint es unausweichlich zu sein, dass er eines Tages wahnsinnig wird.

Eine weitere Geschichte, die die Katze erzählt, ist die über einen einsamen Jungen, der mit seiner Mutter alleine zusammen lebt. Auch er ist ein Opfer gemeiner Mobbingattacken von Jungs in seinem Alter. Seine Mutter arbeitet bei Nacht als Prostituierte um sich und ihrem Sohn ein warmes Heim zu finanzieren. Eines Tages taucht unerwartet ein schwarzer Hund auf. Von da an fühlt sich der Junge nicht mehr allein. Im Gegenteil, der Hund verleiht ihm Mut sich gegen seine „Peiniger“ durchzusetzen. Als der Hund einen der Jungen bei einer Auseinandersetzung tötet, findet der Junge gefallen an seiner neuen „Macht“. Doch rettet ihn das vor der Einsamkeit?

Die letzte Geschichte handelt von einem alten Ehepaar, welches sich bis aufs Blut hasst. Die schwarze Katze wird zwar von ihnen versorgt, erlebt aber jede Streitigkeit mit und schüttelt nur den Kopf über diese Engstirnigkeit.

Wenn allerdings eine Person des Paares verstirbt, scheint der Übriggebliebene immer noch nicht vom Streiten abzulassen.

„Black Cat“ besteht aus drei Kurzgeschichten, die diesmal aus der Sicht einer Katze erzählt werden. Auch sie verkörpert die Rolle eines Außenseiters, wird sie doch aufgrund ihrer schwarzen Fellfarbe von den abergläubischen Menschen gefürchtet und gemieden. Nur die Menschen, die sich selbst von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen oder aber mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen haben, akzeptieren sie. Ein Mann, der wegen Existenzängsten die Erfüllung im Alkohol findet. Ein Junge, der erst durch Gewalt an Selbstbewusstsein gewinnt und ein verschrobenes altes Ehepaar, das sich auf eine Art hasst und doch liebt. Sogar der Tod verleiht einem manchmal Stärke um Dinge zu erreichen, die man aufgrund körperlicher Gebrechen nicht mehr in der Lage gewesen wäre.

Die Katze selbst greift dabei nie in das Geschehen mit ein. In intensiven dunklen, manchmal auch humorvollen Passagen, verfolgt ihr typischer Katzenblick – leuchtende Augen, zu schmalen Schlitzen geformte Pupillen – mal entsetzt, mal neugierig den Menschen. Die einzelnen Geschichten werden durch ihre inneren Monologe in großformatigen ruhigen Bildern verwoben. Die erhabene Eleganz der Katze wird dabei in den Zeichnungen immer naturgetreu hervorgehoben.

Auch wenn sie den Menschen auf eine Art und Weise abstoßend findet, möchte die schwarze Katze trotzdem mehr über dieses unbekannte, seltsame Geschöpf erfahren.

„Wer oder was sind sie wirklich?“

 

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ISBN: 978-3-937102-77-1 | € 10,00 | broschiert | S/W | 192 Seiten

Der vierte Band aus der Hino Horror Reihe ist eine sehr persönliche Zusammenstellung von Abstrusitäten des Mangakas Hideshi Hino selbst. Diesmal führt er eigens als Moderator den Leser durch sein stolzes Gruselkabinett.

Mit einem irren Blick präsentiert er die unterschiedlichsten in Marmeladengläser eingelegten Gegenstände, die alle eine verrückte blutige Geschichte erzählen.

Augensuchende Geistermädchen, ein magischer Spiegel, der einem kleinen dicklichen Mädchen (Hinos zukünftige Frau!) Kraft verleiht, das Spinnentatoo seines Vaters oder der vertrocknete Embryo seines ungeborenen Bruders.

Auch bekannte Gesichter, wie die eierlegende Großmutter oder der furunkelgeplagte Großvater aus „Red Snake“ haben hier ihren Auftritt. Sogar die Anspielung auf „Frankensteins Monster“ kann man hier wieder finden.

Die einzelnen Geschichten ähneln allgemein auch sehr stark der Atmosphäre von „Red Snake“, nur das diesmal der Humor Vorrang hat, da der Mangaka selbst durch sein spleeniges und begeistertes Auftreten weitesgehend für Auflockerung bei den blutigen und ekligen Scharmützeln sorgt.

Die Zeichnungen sind nach den helleren Bildern aus „Bug Boy“ und „Black Cat“ wieder sehr düster gehalten und fallen durch einen starken Schwarzanteil auf. Die Kulissen sind mit Vorliebe siffig und verschmutzt gestaltet, ein Ort welcher ebenfalls zur Inspiration des Künstlers beigetragen haben sollte, eine Brutstätte für die unglaublichsten Horrorgeschichten.

Die grafische Darstellung ist zu „Red Snake“ sogar noch brutaler und extremer. Hino schreckt vor keinen Tabus zurück. Trotz dieser „Widerlichkeiten“ wirken die Geschichten eher wie eine Groteske, eine Persiflage an die Wirklichkeit und können und sollen daher wahrscheinlich auch nicht ernstgenommen werden.

Denn schließlich handelt es sich um ein Kleinod, eine ganz besondere Sammlung – Einmachgläser mit den fleischigsten, madigsten und glubschigsten Füllungen, die noch kein Regal gesehen hat.

 

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Dieser Abschnitt stellt euch Hino`s bisherigen Filmarbeiten vor, die leider noch etwas rar und wohl auch bisher nur eher etwas für den „Underground“ der Horrorszene sind. Zu experimentell, zu extrem und gleichzeitig zu amateurhaft sind die Filme – zumindest meistens. Ob sich Hino in Zukunft jemals an einem professionellen und für ein breiteres Publikum taugliches Werk versuchen wird, steht leider noch in den Sternen.

Da die Filme über extrem schockierende Inhalte verfügen, haben wir auf (aussagekräftige) Szenenbilder verzichtet.

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Bei dem „Theatre of Horror“ handelt es sich um eine sechsteilige Reihe von Kurzfilmen, die allesamt auf Mangas von Hideshi Hino basieren. Regie geführt hat Hino bei keinem dieser Filme, lediglich zu „Death Train“ ein Drehbuch geliefert. Im einzelnen enthalten sind:

 

The boy from hell ( Jigoku kozô ):
Regie: Mari Asato
Cast: Mirai Yamamoto, Kanji Tsuda, Hanae Shoji

Eine geheimnisvolle alte Dame erscheint bei Setsu, die erst vor kurzem ihr einziges Kind bei einem tragischen Unfall verloren hat. Sie sagt, sie kann Setsu’s Sohn Daio wieder zum Leben erwecken. Tatsächlich kommt er zurück, jedoch als deformiertes Wesen irgendwo zwischen Mensch und Monster.

Um wieder ein richtiger Mensch zu werden, muss er sich von frischen Organen ernähren. Setsu tut alles, um ihren Sohn wieder zu heilen, doch statt zu einem Menschen wird er immer weiter zum Monster. Niemand kann seinen Hunger stoppen und er greift sich ein Opfer nach dem anderen. Schon bald wird ein Detektiv auf Setsu aufmerksam und stattet ihr einen Besuch ab …

 

Dead Girl Walking ( Kaiki! Shinin shôjo ):
Regie: Koji Shiraishi
Cast: Ayaka Maeda, Katsumi Nagashio

Etwas unvorstellbares geschieht: Sayuri wurde von ihren Ärzten für tot erklärt, aber ihr Körper will trotzdem nicht aufhören, sich bewegen zu können. Ihre Wunden beginnen zu eitern und ihr Körper beginnt zu faulen. Ihre einst liebevolle Mutter, sowie Vater und Schwester reagieren ablehnend, da ihr Haus beginnt nach faulem Fleisch zu riechen. Ihre Familie drängt, mit einem Kanister Benzin drohend, Sayuri dazu, das Haus zu verlassen.

Sie flieht, wird aber währenddessen von einem seltsamen Mann verfolgt und auf ihrer Flucht gezwungen Dinge zu tun, die sie nicht möchte. An einsamen Hügeln irgendwo in der Natur angekommen glaubt sie endlich allein zu sein … aber sie irrt sich.

 

Lizard Baby ( Watashi no aka-chan ):
Regie: Yoshihiro Nakamura
Cast: Kurume Arisaka, Mansaku Ikeuchi

Umeki ist Autor für Horrorfilmdrehbücher, hat aber eine Schreibblockade. Als er mit seiner Frau Akiko zu einer Schwangerschaftsuntersuchung geht, kommt im plötzlich eine brilliante Idee: Eine Horrorgeschichte über eine Frau, die ein Reptil zur Welt bringt!

Obwohl seine Frau von der Idee mehr als angewidert ist, schreibt er mit Eifer das Drehbuch und erntet von seinen schärfsten Kritikern höchstes Lob. Aber seine eigene Fiktion wird furchtbare Realität, als seine Frau tatsächlich ein seltsames Wesen gebährt – halb Mensch, halb Reptil.

Das Reptil-Baby kriecht über den Boden und hinterlässt dabei eine schleimige Spur. Sein größtes Entsetzen löst aber die Tatsache aus, dass seine Frau dieses Ding wie ein richtiges Baby behutsam im Arm hält und es heiß und innig liebt. Sein Drehbuch wurde zu seinem wirklichen Leben und Umeki beginnt langsam, aber sicher, seinen Verstand zu verlieren …

 

The Ravaged House: Zoroku’s Disease ( Tadareta ie: ‚Zôroku no kibyô‘ yori ):
Regie: Kazuyoshi Kumakiri
Cast: Marie Kawaguchi, Satoshi Morishita

In einem ländlichen Dorf, führt ein junger Mann namens Zoroku ein bescheidenes Leben. Er liebt seine jüngere Schwester Haruko und alles ist gut … bis eines Tages ohne jegliche Vorwarnung Zoroku von einer bizarren Krankheit heimgesucht wird, die seine Haut verändert und seinen Körper deformiert. Aus Angst davor, dass die Dorfbewohner Zoroku’s groteske Transformation zu Gesicht bekommen, sperren seine Eltern ihn in ihr Haus. Aber der Dorfälteste sieht den Sohn und schon bald ist Zoroku von der Gemeinde geächtet. Ebenso wird Haruko bösartig angegriffen. Da die Eltern ihre Tochter nicht weiter leiden sehen wollen, beschließen sie ihren Bruder zu töten. Doch Haruko versucht dies zu verhindern und flieht mit Zoroku aus dem Dorf. Doch wie soll es dann weitergehen?

 

Occult Detective Club: The Doll Cemetery ( Okaruto tanteidan: shi-ningyô no hakaba ):
Regie: Kiyoshi Yamamoto
Cast: Sayaka Hosaka, Kazunori Tani, Hitomi Miwa

Aus reiner Neugier beschließen Nanami und Daisuke, sich an ihrer Schule dem sog. „Occult Research Club“ anzuschließen. Die ungleiche Gruppe besteht aus sehr eigenwilligen Personen, von denen die Anführerin Shiratori die sonderbarste ist, da sie behauptet, übernatürliche Kräfte zu besitzen.

Momentan untersucht der Club einen Selbstmord einer Schülerin, der vorheriges Jahr stattgefunden hat und offenbar durch einen Fluch ausgelöst wurde. Eine merkwürdige Puppe, die hinter ihrem Schrank gefunden wurde, könnte eine mögliche Spur sein …

Daisuke ist abgeschreckt, während Nanami fasziniert ist … bis sie selbst von dem Fluch der Puppe befallen wird.

 

Death Train ( Kyôfu ressha ):
Regie: Kazuyuki Sakamoto
Cast: Narumi Konno, Saya Yuki, Aja

Die drei Schulfreundinnen Yukino, Asako und Natsu genießen ihren freien Tag und reisen an Bord einer scheinbar normalen Bahn zu einem Vergnügungspark … als plötzlich ein ohrenbetäubender Ton und ein Blitz aus dem Nichts erscheinen!

Am nächsten Tag kommen die drei zur Schule und es scheint, als sei nichts geschehen. Niemand spricht über das gestrige Ereignis. Und doch ist etwas nicht in Ordnung …

Sie sehen seltsam vertraute Gesichter, ihre Familien verhalten sich seltsam und sie werden ständig von seltsamen Männern in schwarz verfolgt. Geplagt durch diese bedrückenden Ereignisse flieht Yukino, nur um sich selbst vor dem Vergnügungspark wiederzufinden, zu dem sie an jenem Tag gefahren sind.

Yukino kommt zu einem surrealen Schluss: Sie befinden sich alle drei zwischen Alptraum und Realität, die sich beide scheinbar miteinander vermischen. Doch was gehört zur echten Welt, und was nicht?

 

Die Qualität der Filme schwankt von schwindelerregend schlechtem Trash bis hin zum verstörenden Meisterstück. Empfehlenswert ist die Sammlung für all diejenigen Filmfreunde, die bereits an „Tetsuo“ oder „Organ“ ihre Freude hatten. Wem die Titel nichts sagen: Für Euch ist die Sammlung nix!

 

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Regie: Hideshi Hino
Cast: unbekannt
Erscheinungsjahr: 1985, Originaltitel: Ginî piggu: akuma no jikken

Der erste Teil der „Guinea Pig“-Reihe zeigt schlicht und ergreifend die Folterung und den anschließenden Mord an einer jungen Frau durch drei sadistische Männer. Sie wird auf einem Bürostuhl gefesselt, bis sie sich übergeben muss, geschlagen und getreten, sowie mit kochend heißem Wasser überschüttet. All das gipfelt in einer Szene, als ihr eine heiße Nadel in die Schläfe gebohrt wird, wodurch eines ihrer Augäpfel herausgedrückt wird.

Mit einer einfachen Videokamera aufgenommen und mit den wenigsten und naivsten Mitteln gefilmt, erweckt der Film schnell den Eindruck, es handle sich um einen tatsächlichen Snuff-Film. Hätten die Macher nicht zwei Making Of`s veröffentlicht, wäre es mit Sicherheit zu Ermittlungen der Behörden gekommen. Aber welche Gründe sollte es geben, sich ausgerechnet diesen Film anzusehen, geschweige denn einen solchen überhaupt zu drehen? Für die Filmemacher wird es primär eine SFX-Studie sein, mit dem Ziel, beim Zuschauer die absolute Schockwirkung zu erlangen. Und die stellt sich ohne Zweifel ein. Freilich kann von einem „richtigen“ Film nicht die Rede sein, und ebenso ist dieses Werk vernab jeglichen Anspruchs. So ist es Ablehung und Lob zugleich, wenn eingeräumt wird, dass man für die Laufzeit von 40 Minuten vergisst, ein fiktionales Werk zu sehen. Eine Empfehlung kann für diesen Film trotzdem nicht ausgesprochen werden.

 

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Regie: Hideshi Hino
Cast: unbekannt
Erscheinungsjahr: 1985, Originaltitel: Ginî piggu 2: chiniku no hana / 血肉の華

Wahrscheinlich haben Fans von Splatter und Gore diese Folge der Guinea Pig Serie besonders in Erinnerung behalten.

Gezeigt wird eine junge Frau, die nach einem Theaterbesuch von einem unbekannten Mann verfolgt und schließlich in Gewalt gebracht wird.

Der Mann, ein als Samurai verkleideter Geisteskranker, setzt die junge Frau unter Drogen und schnallt sie auf ein Bett, um dann in dokumentarischer Manier vor laufender Kamera jeweils in fast schon poetischer Manier beschreibt, was er als nächstes mit dem Leib anstellen wird, der zwar handlungsunfähig, aber bei Bewusstsein ist. So wird in knappen 50 Minuten detailgenau gezeigt, wie der „Samurai“ die Dame auseinandernimmt, während sie stillschweigend dank der Drogen alles wort- und lautlos hinnimmt. Die Krönung dieses blutigen Werkes ist wohl der Teil, an dem der Mörder ihr die Augen mit einem Löffel heraushebelt und sie mit seiner Zunge vom Blut befreit.

Nichts für schwache Mägen, denn wo andere Filme bei bizarren Szenen die Kamera wegfahren, wird hier sogar noch rangezoomt. Splatterfilmkennern wird jedoch sofort auffallen, dass die blutigen Fleischbrocken mit vollgesogener Watte nachgestellt wurden.

Bekannt wurde besonders dieser Teil der Guinea Pig Reihe durch das Entsetzen des amerikanischen Schauspielers Charlie Sheen, der glaubte, bei dem Film drehe es sich um ein echtes Snuff Movie und daraufhin das FBI verständigte. Doch nicht nur Sheen war in dem Glauben, mit diesem Film ein reales Verbrechen auf Video gebannt zu Gesicht bekommen zu haben. Auch die Band „Skinny Puppy“ widmete in diesem Zusammenhang der grotesken Geschichte rund um das angebliche Snuff Movie ein Lied.

Gerüchten zufolge wurde „Chiniku no Hana“ nach dem Vorbild des japanischen Kindermörders Tsutomu Miyazaki gedreht. Genau weiß man dies allerdings nicht.

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Regie: Hideshi Hino
Cast: unbekannt
Erscheinungsjahr: 1988, Originaltitel: Za ginî piggu: manhôru no naka no ningyo / マンホールの中の人魚

Skurril wurde es bei diesem Teil der Guinea Pig Serie, die auf dem gleichnamigen Manga Hinos beruht. War „Chiniku no Hana“ eher auf das Blutige ausgelegt, schwörte er hier auf eine andere Art von Ekel:

Ein alleinstehender, introvertierter und sehr isolierter Maler besichtigt auf eigene Faust zu Inspirationszwecken eine Kanalisation, wo er eine verletzte Meerjungfrau zwischen all dem Dreck und Unrat findet. Mit dem Versprechen, ihre Schönheit auf Leinwand festzuhalten, nimmt er das wunderschöne Geschöpf mit zu sich nach Hause und bringt es in einer Badewanne unter. Doch was einst nur eine kleine Wunde an ihrem schuppigen Unterleib war, entwickelt sich rasch zu einem eitrigen Geschwür, welches sich über die Tage hinweg immer weiter über ihren Körper ausbreitet und die zu praktischen Zwecken ins Wohnzimmer gestellte Wanne immer weiter mit Blut und pastellfarbenem Schleim füllt, den der Künstler als Farbe für seine Bilder verwendet. Während der Mann hin und hergerissen ist zwischen Malen und Geschwulsten auf dem Leib der Meerjungfrau ausquetschen, wird ihr Zustand immer kritischer und sie beginnt, Würmer zu erbrechen. Das wirklich Bizarre an diesem Teil der Serie ist wohl, daß der Maler das Wesen nicht in seiner eigentlichen Schönheit zu Papier bringt, sondern sie gleichzeitig zum Verlauf der Krankheit mit all ihren aufgeplatzten und blutigen Geschwüren malt.

Hatten eingefleischte Gorefans bei „Chiniku no Hana“ noch müde gelächelt, spielt in diesem Falle der psychische Effekt eine große Rolle und lehrt uns, das Wort „Ekel“ neu zu definieren.

 

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Allen voran zeichnen Hideshi Hino letztendlich seine Mangas aus, was ja schließlich sein Hauptwerk ist. Er schafft es in seiner Hino Horror Reihe unterschiedliche Themen auf verschiedene Art und Weise wiederzugeben. Von brutal ekelhaft über bedauernd poetisch ist alles dabei. Man weiß nicht, was einem in dem nächsten Band erwartet. Zwar muss man nicht jeden gelesen haben um die Geschichten zu verstehen, da sie in sich abgeschlossen sind. Doch entfaltet sich der Lesegenuss wesentlich intensiver, wenn einem Figuren wieder begegnen, die man eigentlich aus einer anderen Geschichte kennt.

Der Mangaka „überrascht“ den Leser in jeder Erzählung mit unterschiedlichsten Ekelstufen, mal mehr mal weniger. Ungeübte Horrorfans sollten sich daher vorher lieber einen starken Magen antrainieren, da die Gewaltdarstellung schonungslos herübergebracht wird: Splatter und Gore literweise, Eiter, Innereien, Hautfetzen und fleischige lebendige Geschwülste. Dabei sind die Ekelhaftigkeiten so übetrieben dargestellt, dass man sich fragt, ob es eigentlich noch extremer geht. Schauerlicher sind im Gegenzug jedoch die Verhaltensweisen der Menschen. Hino stellt sie in kein schönes Licht. Es sind nicht die sonst klischeebeladenen Bösewichter, vor denen man sich fürchten muss, sondern die Personen, die nebenan wohnen – ja sogar die eigene Familie. Völlig Alltägliches entfaltet seinen Horror wesentlich brutaler und schonungsloser als ein erfundener Antagonist jemals in der Lage wäre. Denn ist es nicht das Grausamste, dass man die Menschen, denen man innigst vetraut, meiden muss, Angst vor ihnen verspürt?

Hideshi Hino ist ein Horrorautor der Extreme, was ihn für Freunde blutiger Unterhaltung interessant, für das Mainstreampublikum gleichzeitig schwer zu verdauen macht. Während man sich über seine Filmwerke streiten kann, ist bei seinen Mangas jedoch offensichtlich, dass in seinen Arbeiten weitaus mehr steckt als reine Provokation. Und das ist letztendlich das, was einen guten Autor ausmacht. Es gilt nicht nur sein Publikum im Griff zu haben, sondern auch einige Denkanstöße zu geben. Beide Disziplinen meistert Hino ohne größere Probleme, und so kann er vielleicht nicht im ersten Atemzug mit den allergrößten Horrorautoren genannt werden, aber zumindest im zweiten.

Dies ist ein Gemeinschaftsartikel von Jessica Hohmann, Monty Quintaba und Michael Cherdchupan.