[dropcap size=small]M[/dropcap]it der Fortsetzung von „Im Halbschatten“ gelingt dem dreiköpfigen Entwicklerteam ein Kunststück: Die Schweden schaffen es, den ohnehin schon überragenden ersten Teil noch einmal zu toppen. Das resultiert nicht nur in einem sehr empfehlenswerten Spiel und einem sehr gelungen Abschluss der Geschichte Penumbra’s, sondern sollte auch den Großproduktionen aus dem Survival Horror-Genre die Schamesröte ins Gesicht treiben. Denn mit „Black Plague“ wäre nun entgültig bewiesen, dass man nicht eine ganze Mannschaft an Profis und ein hohes Produktionsbudget benötigt, um den Spieler effizient zu gruseln, sondern samt und sonders ein gutes dramaturgisches Konzept und viel Geschick bei der Attacke auf Schwächen menschlicher Psyche.

Bezogen auf das Horrorgenre hat das Spiel von Letzterem mehr als genug. Es ist nahezu beispielos, wie geschickt hier auf weit verbreitete Ängste gesetzt wird. Neben der schon obligatorischen Angst vor der Dunkelheit spielt hier auch die Angst vor Beschmutzung des eigenen Körpers und Klaustophobie eine große Rolle. Nicht selten müssen dunkle Luftschächte betreten oder mit organischen Überresten übersähte Orte durchquert werden. Der Einsatz derartiger Elemente wirkt allerdings im Gegensatz zu vielen Genrekollegen zu keiner Zeit gestelzt, sondern wird sinnvoll in den Kontext eingebunden. Am bemerkenswertesten ist allerdings die Art, wie Paranoia und Wahnsinn in den Spielverlauf eingebunden wurden: Zu dem Spieler spricht ab einem bestimmten Zeitpunkt eine eigenwillige innere Stimme, die die Wahrnehmung teils so beeinflusst, dass Gefühle von Desorientierung und Unsicherheit unvermeidbar aufkeimen. Vor wenigen Minuten noch vorhandene Türen sind beispielsweise dann plötzlich verschwunden und es treten Erscheinungen auf, die vermutlich niemals da gewesen sind. Ob es sich dabei tatsächlich um den eigenen Wahnsinn des Protagonisten handelt oder eine andere Macht derartige Verwirrung verursacht, ist eine zentrale Frage, die ebenso wie die allermeisten aus dem Vorgänger noch offenen letztendlich beantwortet werden.

hörbare Gefahren

Befriedigend zuende erzählt wird die Handlung allemal. Geschehen tut dies hauptsächlich durch gefundene Notizen oder Tagebucheinträge, was dem weniger lesefreudigen Spielern sicherlich nicht gefallen wird. Dem Gefühl, von etwas verfolgt zu werden, können die sich allerdings auch nicht entziehen, da hier die Entwickler vor allem durch die akustische Ebene den vollen Erfolg erzielen können. Knarzende Türen, aggressives Klopfen und Schlagen auf metallene Oberflächen oder von allen Seiten kommendes Flüstern tragen enorm zur Spannung bei. Unterstützt werden derart triggernde Geräusche durch den sehr gezielt eingesetzten Soundtrack, der die Erwartungshaltung des Spielers maßgebend beeinflusst. Samt und sonders drohende Gefahren werden so deutlich signalisiert, ohne jedoch zu plakativ zu wirken.

Konsequent sind die Entwickler bei den positiven Aspekten des Gameplays geblieben und haben gleichzeitig Schwachpunkte getilgt. Nach wie vor vermittelt die sehr direkte Steuerung und die damit verbundene Physikengine mehr Nähe zum Geschehen, als es mit üblichen Interfaces der Fall gewesen wäre. Türen, Schubladen oder Schränke werden beispielsweise mit einer „ziehenden“ Mausbewegung geöffnet oder Ventile mit einer „kreisenden“ bedient. Trotz der für den PC üblichen Eingabegeräte erinnert das Konzept an die Wii-Konsole, auf der Penumbra vermutlich hervorragend funktionieren würde. Nach wie vor sind die Rätsel durch das Steuerungskonzept motiviert und plausibel an das Spielgeschehen angepasst. So werden etwa Gegenstände zu Werkzeugen umfunktioniert, anstatt das kryptische Zahlenrätsel entschlüsselt werden müssen. Rätsel der Rätsel Willen werden dem Spieler also nicht begegnen.
Ein großer Schwachpunkt des Vorgängers war das Kampfsystem, welches zwar nur sehr selten zum Einsatz kam, aber immerhin vorhanden war. Zu der Einsicht gekommen, dass ihr Spiel ohne wesentlich besser funktionieren würde, haben die Entwickler diese Komponente nun vollständig entfernt. Konflikten ist also durch Vorbeischleichen oder Verstecken tunlichst aus dem Weg zu gehen. Ebenso wie im Prequel verschwimmt auch diesmal die Sicht der Spielfigur proportional zu seiner Angst. Konkret bedeutet dies: Schaut der Spieler einen Gegner direkt an, steigt der Puls und die Atemfrequenz und er kann leichter entdeckt werden.

nahezu tadellos

Die wenigen Schwächen von „Black Plague“ sind letztendlich die unspektakuläre Optik und die nicht allzu umfangreiche Spielzeit von etwa sechs Stunden. Allerdings fällt die Kritik an der Grafik nur gering aus, da sie für ein so kleines Team wie Frictional Games trotzdem bemerkenswert realisiert und effizient genutzt worden ist. Nicht ganz optimale Animationen, teils blasse Texturen und manchmal zu steril wirkende Umgebungen sind trotzdem Mängel, die verwöhnten Spielern zwangsläuftig auffallen werden. Der Atmosphäre tun diese keinen Abbruch. Zum einen, da ohnehin vieles in der Finsternis verborgen bleibt, zum anderen, da alle gelungenen Effekte mit dem richtigen Timing eingesetzt werden.

So bleibt am Ende dieses Artikels nur eines übrig: Frictional Games das höchste Lob und an die Spieler die höchste Empfehlung auszusprechen. „Penumbra: Black Plague“ ist all das, was Survival Horror trotz vieler Versuche selten geworden ist: Ein Horrorspiel mit subtilen Mitteln, dass so packend und beängstigend ist, dass man es manchmal nicht mehr aushält.

Penumbra: Black Plague
Dramaturgie und Spielmechanik sind beispiellos und vermitteln das bis Dato beeindruckendste Survival Horror-Erlebnis, das lediglich durch eine etwas schwache Technik gestört wird. Aber das macht nichts: Ein Meisterwerk des Grauens!
audiovisuelle Präsentation7
Realisierung der Spielmechanik10
inhaltliche Gestaltung und dramaturgische Aufbereitung10
9Gesamtwertung
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