Es waren doch nur wenige Minuten vergangen…
David blinzelte. Vom grossen Lagerfeuer war nicht viel mehr als Glut übergeblieben. Kein Wunder, dass man kaum bis zu den Hütten sehen konnte. Er bückte sich und war hastig einige Holzreste in den Steinkreis. Es war nicht so, dass David sich vor der Dunkelheit fürchtete. Außer, wenn er allein war. Und die Dunkelheit einem das Gefühl gab, zurückzublinzeln.

„Mr. Crabtree? Mr. Crabtree? Hey! Wachen sie auf!“

Michelle hämmerte mit bei den Fäusten gegen die Tür der Hütte. Im Inneren rührte sich nichts, und ihre Hände begannen langsam die Behandlung übelzunehmen. Mit einem leisen Fluch trat sie noch einmal gegen das schwere Eichenholz, welches sich davon allerdings nicht beeindrucken liess. Sie versuchte durch das Fenster zu schauen, irgendetwas lehnte gegen das Glas und versperrte die Sicht. Michelle zögerte kurz. Irgendjemand war ihr doch hier runter gefolgt.

„David? Bist du hier irgendwo? David!“

Etwas bewegte sich an der Feuerstelle und hielt jetzt auf sie zu. David. In seiner rechten Hand hielt er einen brenndenden Holzscheit wie eine Fackel. Das Licht, dass das Feuer spendete, war zwar diffus, aber warm und lebeding. Eine vernünftige Taschenlampe wäre ihr lieber gewesen… oder ein verdammter Scheinwerfer.

„Crabtree ist nicht wachzukriegen. Versuchs mal bei deinen Leuten.“

„Michelle, was ist hier los? Wie lange waren wir weg?“

„Los, geh! Und pass verdammt nochmal auf, dass du mit deinem Ding da nichts in Brand steckst!“

David wich einen Schritt zurück. Er hasste es, wenn Leute ihn so behandelten. Besonders Leute wie Michelle. Besonders Michelle. Er schluckte und ging zur angrenzenden Behausung herüber. Der Schein der Fackel liess einen beeindruckenden Schatten von den Klauen ihres Masskottchens wachsen, dass in Gestalt einer groben Holzfigur über dem Eingang befestigt war. Falkenheim – grosser Name für zwei doppelstöckige Betten, einen kleinen Kleiderschrank und einen wackeligen Tisch, die die Holzfällerhütte im Kleinformat mehr als gut ausfüllten.

David steckte seinen Schlüssel in das Schloss, er versuchte es zumindest. Irgendetwas quoll aus den Seiten heraus. Kaugummi, Fugenmasse… oder Beton. Der Schlüssel steckte halb im Schloss, liess sich keinen Millimeter weiterbewegen, auch nicht mit Gewalt.

„Na Klasse.“

Der Schlüssel war abgebrochen. Er warf die Hälfte, die er dem Schloss entrissen hatte, ins Gras und klopfte.

„Robert? Neill? Wenn ihr da drin seit, macht auch. Hört ihr? Das ist nicht mehr witzig!“

Keine Antwort. Die Dunkelheit rückte näher. Er ging ein paar Schritte zurück und formte mit seinen Händen einen Trichter um den Mund.

„Robert! Nicole! Anita! Mr. Crabtree! Irgendjemand!“

Seine Stimme hallte einem Moment lang zwischen den Bäumen wieder. Dann kehrte die Stille zurück. Eine blaugraue Wolke zog an der Fackel vorbei und löste sich auf.

„Zwecklos, David. Ausgeflogen.“

Michelle stand neben ihm und nahm einen frischen Zug von ihrer Zigarette. Das Chaos in ihrem Kopf kam langsam zum Stillstand. Was auch immer passiert war, es gab sicherlich eine Erklärung dafür.

„Los, gehen wir.“

„Gehen?“

Michelle strich sich eine braune Locke aus dem Gesicht und stiess eine weitere Wolke in die Luft.

„Gehen. Es ist niemand hier.“

„Ja… du hast recht. Suchen wir woanders.“

Woanders. David versuchte sich zu erinnern. Im Haupthaus hatte doch kein Licht gebrannt und überhaupt, hätte sie doch jemand holen sollen wenn etwas nicht in Ordnung war.

Er setzte einen Schritt nach vorne. Michelle folgte ihm. Ja. Am Haupthaus würden sie sicherlich irgendwas finden.

Fortsetzung folgt …